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Die Jobsuche kann schon frustrierend sein. Vor allem, wenn monatelang ständig Absagen ins Haus flattern. Was liegt in diesem Fall nicht näher, als mit dem Fahrrad nach Iran zu fahren? Für viele bestimmt eine ganze Menge, aber ich für mich ist Iran kein unbekanntes Land. Und das Fahrrad ist seit meiner Kindheit Fortbewegungsmittel Nummer Eins. Am Start meiner Fahrradreise war es gerade einmal 5 Monate her, dass ich von einem einjährigen Sprachkurs aus Teheran zurückgekehrt war.
Das Ziel Iran stand zunächst jedoch nicht fest, sondern vielmehr das Entdecken ein paar persönlicher weißer Flecke in Osteuropa. Aber durch die Wahl dieser Himmelsrichtung war die Weiterfahrt nach Iran natürlich eine Option.
Am 18. April 2016 war es dann soweit: Die Fahrradtaschen waren mit Kochausrüstung, Zelt, Schlafsack, Luftmatratze und Klamotten gepackt und ich radelte gen Krakau und legte die ersten von 8891,7 Kilometer zurück. Die 622km nach Krakau waren in 4,5 Tagen geschafft aber ehrlicherweise geprägt von Zweifeln, ob die Entscheidung die richtige war.
Nach einem entspannten Wochenende ging es ohne Hetze Richtung Lwiw (Lemberg) in der Ukraine. Das Wetter war noch im Winterschlaf, die erste Nacht war regnerisch bei Temperaturen um 0°C. Doch die Menschen sind nett; ich durfte mein Zelt außerhalb eines Restaurants unter einem Unterstand aufbauen und der Besitzer lud mich sogar noch auf ein Frühstück ein. Der Grenzübergang zur Ukraine ging problemlos von Statten.
Ein Zeitlimit hatte ich mir nicht auferlegt. So kam es, dass ich bei Bekannten in einer Kleinstadt bei Lwiw einen Monat blieb, bei einem gemeinnützigen Projekt half, stillgelegte Kohleabbaugebiete erkundete, Ostern in der Ukraine und während eines kurzen Abstecher per Anhalter nach Moldawien dort das „Osterfest der Toten“ feierte und in Odessa anbadete. *Totenostern*
Zurück bei meinen Freunden verweilte ich noch eine Woche und brach dann mit dem Fahrrad Richtung Schwarzes Meer auf. Dabei wollte ich einen weißen Fleck entfernen und zwar die von Moldawien abtrünnige Republik Transnistrien, die in Europa kann bekannt ist. Dieser entscheidend von Russland abhängige Staat wird oft als letztes Überbleibsel der Sowjetunion bezeichnet. Das Land hat eine eigene Währung, was es für die Bewohner fast unmöglich macht, Devisen zu bekommen, obwohl die meisten sowohl den russischen als auch moldawischen Pass besitzen. Fast zwei Wochen war ich in diesem Geisterstaat, kann jedoch nicht behaupten, dass dort die Zeit nach dem Zerfall der Sowjetunion stehen geblieben sei. Im Gegenteil, das Land wirkte teilweise fortschrittlicher als die Ukraine oder Moldawien.
Mit dem Fahrrad am Schwarzen Meer angekommen zu sein, war dann ein besonderes Gefühl. Drei Tage ließ ich es mir in der Natur am Meer gut gehen und machte dann einen Abstecher nach Odessa. Bevor ich mit berüchtigten Bummelzügen (Elektritschka) zurück zu meinen Bekannten radelte ich noch um die Mündung des Dnister und in dieses Gebiet ist wirklich arm und wirkt noch sehr sowjetisch mit verlassenen Kirchenschiffen, improvisierten Straßenabsperrungen aus Ästen, Fassaden mit Sowjetsymbolik, Jagdflugdenkmälern und verlassenen Flughäfen.

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